Allgemein

Materialien für die Föhrer Familienforschung im Archiv gesichert – kleiner Bericht über ein ungewöhnliches Praktikum

Ein Bericht unserer Praktikantin Marie Schlotter …

Als angehende Archivarin habe ich im Zuge des Studiums an der Fachhochschule Potsdam mehrere Praktika zu absolvieren, um möglichst vielfältige Erfahrungen zu sammeln. Da das letzte davon ein halbes Jahr lang sein soll, lohnt es sich für das Wunscharchiv – in meinem Falle das Landesarchiv Schleswig – durchaus vorübergehend gen Norden zu ziehen. Was ich hier vorfand war eine sehr vielseitige und bereichernde Arbeit. Als mich dann eine Kollegin fragte, ob ich nicht zwei Wochen lang dem Archiv der Ferring Stiftung dabei helfen möchte, den Nachlass eines Ahnenforschers zu sortieren, freute ich mich über diese seltene Möglichkeit.

Das schöne Föhr, das tolle Stiftungshaus (die Bibliothek!) und besonders die freundlichen Menschen machten mir das Arbeiten angenehm. Der Nachlass war ungewöhnlicherweise als Fund vom Sperrmüll ins Archiv gekommen und dabei gehörig durcheinander geraten. Während meiner zwei Wochen in der Stiftung sichtete, ordnete und sortierte ich vor allem viele hunderte Din A4-Seiten Papier. Darauf fand sich die jahrzehnte lange Arbeit eines Ahnenforschers, die er leider nicht in einer Veröffentlichung vollenden konnte: eine akribische Recherche der vielen Familienlinien eines Föhrer Kirchspiels, systematisch erfasst in Stammdatenblättern. Bis ins Spätmittelalter zurückreichend wurde von dem Genealogen für jede Person ein übersichtliches Blatt erstellt. Durch die Art der Auffindung auf dem Sperrmüll ist nicht klar, ob diese Materialien je vollständig gewesen sind und in welcher Ordnung sie sich zuvor befunden haben, darum wurden sie neu sortiert und erfasst. Doch da die Materialien nun alphabetisch abgelegt und im Archiv zugänglich sind, können die Ergebnisse jetzt genutzt werden, besonders von Interessierten, die gerne die Geschichten Föhrer Familien recherchieren wollen.

Man kann bereits beim Sortieren einiges über das Föhrer Leben in den vergangenen Jahrhunderten aus solch einem Bestand herauslesen. So zum Beispiel die Traditionen und Veränderungen in der Namensgebung, die auch Ergebnis von Veränderungen in Kultur und Politik sind. Oder Berufswege, Auswanderungswellen und -ziele, große und kleine Katastrophen, also Verbindungen zwischen Menschen über politische und soziale Grenzen hinweg, treue Ortsgebundenheit und weite Migration, Alltag und Ausnahme – alles zwischen und direkt in den Zeilen scheinbar neutraler Datenbögen von hunderten Personen, deren Leben so nur auf einer friesischen Insel hat stattfinden können.

So wurde aus meinem zweiwöchigen Dienstaufenthalt schnell eine spannender Einblick in eine einzigartige Insel, ihre friesische Kultur und Vergangenheit und eine tolle Erfahrung, für die ich mich herzlich bedanken möchte.

Marie Schlotter